04.08.2016

BMW i3:Lohnt sich das Reichweiten-Update

Berlin – Es klingt verlockend: 200 Kilometer echte Reichweite verspricht BMW für seinen „neuen“ i3 im Alltag. Auch mit laufender Heizung oder Klimaanlage. Wer die abschaltet und obendrein mit dezentem Gasfuß unterwegs ist, soll sogar die 250-km-Marke durchbrechen. Berlin-Hamburg rückt in greifbare Nähe. Schöne neue Elektro-Welt.

36.150 Euro soll der so genannte i3 (94 Ah) kosten, 1.200 Euro mehr als die alte Version (60 Ah). Das scheint ein faires Angebot zu sein. Immerhin steigt die Reichweite um fast 50 Prozent (NEFZ von 190 auf 300 km). Die Entwickler schafften es, bei gleichen äußeren Abmessungen der Batterie leistungsfähigere Zellen zu installieren.

MOTOR-TALK-Reporter Michael Specht und der neue i3. Alt-Besitzer wie er können sich die neue Batterie in ihren gebrauchten i3 einbauen lassen MOTOR-TALK-Reporter Michael Specht und der neue i3. Alt-Besitzer wie er können sich die neue Batterie in ihren gebrauchten i3 einbauen lassen Quelle: BMW Bislang lag deren Kapazität bei 22 kWh, wovon 18 kWh nutzbar waren. Im sommerlichen Alltag kam man damit maximal 140 Kilometer weit. Im Winter war bei etwa 100 Kilometern Schluss. Besonders letztere Zahl hat viele Kunden – neben dem teuren Anschaffungspreis – vom Kauf eines Elektroautos abgehalten.

Update für ca. 9.000 Euro

Nun verfügt der neue i3-Akku über eine Kapazität von 33 kWh, respektive 27 kWh, und schafft damit nach NEFZ-Norm stolze 300 Kilometer. Für Alt-i3-Fahrer wie mich stellt sich da natürlich sofort die Frage: Kann ich aufrüsten? Lässt sich die Batterie tauschen? Und wenn ja, zu welchen Kosten? Die Antworten lauten, „ja“, „ja“ und „ungefähr 9.000 Euro“.

Warum „ungefähr“? Einen genauen Preis nennt BMW nicht. Dies hänge von verschiedenen Faktoren ab, darunter von der Nachfrage je Markt und der "Abnutzung" des individuellen Alt-Akkus. Die 7.000 Euro netto seien daher ein Durchschnittswert für Batterietausch plus Mehrwertsteuer plus Einbau (zirka 1,5 Stunden). Das Ganze nennt sich Retrofit-Programm. Die alten Batterien gehen an die Firma Next Terra und werden einem stationären Zweitleben zugeführt. Lebe wohl, alter Akku!

Für das Armaturenbrett gibt es jetzt ein dunkles Eichenholz, für die 94Ah-Version eine exklusive Außenfarbe Für das Armaturenbrett gibt es jetzt ein dunkles Eichenholz, für die 94Ah-Version eine exklusive Außenfarbe Quelle: BMW

Wird jetzt alles besser?

 

Doch macht der Tausch überhaupt Sinn? Wer täglich seine 40 bis 60 Kilometer fährt – wie mehr als 80 Prozent aller Autofahrer weltweit – hat keinen Vorteil. Er müsste pro Woche lediglich ein- oder zweimal weniger laden.

Außerdem wendet sich gerade beim Laden nicht alles zum Guten: Wer wie die meisten E-Auto-Besitzer den Strom über eine normale Haushaltssteckdose in die Batterie schickt, muss beim neuen i3 leider auch länger warten. Die Ladezeit steigt von acht auf zwölf Stunden.

Abhilfe schafft nur eine Power-Wallbox. Sie ist in der Lage, den Akku mit bis 11,0 kW pro Stunde zu „betanken“ und ihn somit in drei Stunden zu füllen. BMW bietet die Wallbox allerdings erst zum Ende des Jahres an. Preis: mindestens 2.000 Euro inklusive Montage. Die Anschaffung will gut überlegt sein, denn für diesen Betrag lassen sich mehr als 7.000 kWh Strom tanken, was im i3 einer Fahrstrecke von mehr als 50.000 Kilometern entspricht.

Der i3 fährt so agil und spritzig wie zuvor - das Gute bleibt Der i3 fährt so agil und spritzig wie zuvor - das Gute bleibt Quelle: BMW

Das i3-Update ersetzt keinen Neukauf

 

Mit einem Tausch der Batterie bekäme ich dennoch nicht exakt die gleiche Technik wie im neuen i3. Den hat BMW zusätzlich mit einer dreiphasigen Ladetechnik ausgestattet. Im alten bleibt es bei einer Phase und damit bei der sehr viel geringeren Strommenge, die während des Ladevorgangs in die Batterie fließen kann.

„Sie wechseln nur den Tank“, sagte mir ein BMW-i-Agent auf Anfrage. Und ich solle doch lieber einen Neukauf in Erwägung ziehen, zumal es jetzt ja eine Prämie gäbe. Sie beträgt brutto 5.880 Euro. 2.000 Euro kommen von Herrn Dobrindt, 2.380 Euro inklusive Mehrwertsteuer als Zuschuss von BMW. Abhängig von einigen Ausstattungs-Features, packen die Münchener noch 1.500 Euro als „Innovationsprämie“ drauf. Einen offiziellen Rabatt wie bei den meisten „normalen“ Autos gibt es für den i3 auch nach mehr als zwei Jahren nicht.

Auch optisch kann man etwas ändern

Wer seiner Umwelt sagen möchte „Hey, seht her, ich fahren die neue 94-Ah-Version“, für den bietet BMW die Farbe „Protonic Blau-Metallic“ an, wie sie sonst nur der Hybrid-Sportwagen i8 trägt. Anderen i3 bleibt dieses Blau verwehrt. Zudem gibt es für das Armaturenbrett jetzt ein dunkles Eichenholz.

Ein fast lächerliches Detail hat es mit der Modellpflege leider noch immer nicht in die Serie geschafft: die Lenkradheizung. In anderen BMW-Baureihen gegen einen geringen Aufpreis verfügbar, müssen sich i3-Fahrer im Winter weiterhin auf fröstelnde Finger einstellen. Der dünne Lenkradkranz gleicht dann einem Ring aus Eis.

34.950 Euro kostet die ab sofort die 60Ah-Version, die neue 94Ah-Version kostet mindestens 36.150 Euro 34.950 Euro kostet die ab sofort die 60Ah-Version, die neue 94Ah-Version kostet mindestens 36.150 Euro Quelle: BMW

Das macht BMW immer noch falsch

 

Man könnte das eisige Volant mit der warmen Luft der Heizung anpusten. Doch das ginge zu Lasten der Reichweite. Unverständlich, zumal selbst BMW aus Effizienzgründen im i3 den Einsatz der Sitzheizung propagiert. Geändert wurde leider auch das Standheizungsprinzip nicht. Hängt der i3 im Winter an der Steckdose und man möchte zusätzlich den Innenraum vorwärmen, zieht sich die Heizung den Strom dazu aus der Batterie und nicht aus dem Netz. Man fährt dann zwar vorgewärmt los, jedoch nicht mit einem vollen Akku. Die Vorkonditionierung funktioniert nur mit der Wallbox.

Am Fahrverhalten und an der Agilität des i3 ändert sich auch mit der neuen Batterie nichts, trotz rund 50 Kilo Mehrgewicht. Es geht flott vorwärts und wendig um die Ecke. In 7,3 Sekunden sprintet der i3 von auf 100 km/h, besonders bei den ersten Metern kribbelt es im Bauch. Im städtischen Umfeld macht das Fahren nach wie vor einfach Spaß. Schnell kommt man zu der Erkenntnis, dass es keinen besseren und effizienteren Antrieb in einem Auto gibt als den Elektromotor. Leider muss dieser Spar-Spaß noch immer extrem teuer bezahlt werden.

Was mich und meinen jetzt über zwei Jahren alten i3 betrifft: Wir bleiben wie wir sind. Keine neue Batterie für 9.000 Euro. Der Tausch lohnt sich nicht. Mir reicht die Reichweite.